Auf dem Höhenweg 8 durch die Dolomiten – Ein Ratgeber

Der Weg, über den niemand spricht

So zumindest hat es sich angefühlt, als ich versucht habe, Last Minute Infos über den Höhenweg 8 zusammenzusuchen, den ich Mitte September mit zwei Freunden beschreiten wollte. Insgesamt führen zehn Höhenwege – die Alta Via Dolomiti – durch die italienischen Dolomiten. Am populärsten sind ungeschlagen die Alta Via 1 und 2, die vielleicht auch wegen ihrer Informationsflut, alle anderen Höhenwege in den Schatten stellen.

Kurz & knapp

Der Höhenweg 8 startet in der Bischofsstadt Brixen und führt durch die Naturparks Puez-Geisler, Schlern-Rosengarten und Trudner Horn über 152 km in die südlichste Gemeinde Südtirols nach Salurn.

Länge:152 km
Land:Italien
Start:Brixen
Ende:Salurn
Saison:Mitte Juni bis Mitte Oktober

Der Höhenweg 8 bietet…

  • eine Kulisse, die jedes Wanderherz höher schlagen lässt
  • verwunschene Täler bis steinig-schroffe Geröllpässe
  • grandiose Aussichten über Wolken- und Nebelfelder
  • steile Anstiege und ebensolche Abstiege, die einem die Knie übel nehmen werden
  • zahlreiche Möglichkeiten zur Einkehr, um sich an Knödel- und Kaiserschmarrn rund zu futtern
  • Übernachtungsmöglichkeiten in Hütten und unter freiem Himmel*

* Zelten ist in den gesamten Dolomiten generell verboten, aber nicht unmöglich. Mehr dazu später!

How to get there

Südtirol ist aus Deutschland easy mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Mit dem Supersparpreis der Deutschen Bahn kommt man mittlerweile selbst bei kurzfristiger Buchung für wenig Geld bequem und umweltfreundlich nach Brixen. Vor Ort habe ich eine Nacht im Youth Hostel verbracht, das zentral gelegen und gut angebunden die perfekte Homebase für Erkundungstouren in der Stadt vor der Weiterfahrt zum Trailstart ist.

Erster Blick auf die Geislergruppe von der Plose

Der eigentliche Startpunkt des Höhenweg 8 befindet sich auf dem Gebirgsstock der Plose, deren Talstation in St. Andrä in Monte von Brixen mit dem Bus in knapp 20 min. zu erreichen ist. Von dort geht es entweder entspannt mit der Seilbahn (für saftige 14,90 €) oder zu Fuß (ca. 2 Stunden steil bergauf) zum Ausgangspunkt des Höhenweges.

Schwierigkeit

Der Name ist Programm: Häufig geht es mindestens einmal täglich über steinige Pfade bergauf und genauso steil wieder bergab. Ich bin bei den langen Anstiegen regelmäßig gestorben, da half mir auch meine Wandererfahrung vom PCT nicht weiter. Belohnt wird man dafür mit den atemberaubensten Bergpanoramen.

Der Weg vom Schlernhaus zur Gartlhütte führt durch das malerischste Tal

Anfangs schwingt sich der Weg noch über weiche Waldpfade und Schotterwege, wird jedoch bis zur Brogleshütte zunehmend rauer. Kurz nach St. Ulrich geht es über die Seiser Alm in den Naturpark Schlern-Rosengarten, für mich das absolute Highlight der Wanderung.

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Kurz dahinter ändert sich die Szenerie im Vajolet-Tal komplett

Die einzige offizielle Klettersteig-Passage am Santerpass (Schwierigkeit I/II) lässt sich, wenn gewollt, über eine Alternative ab der Vajolet-Hütte umgehen. Als blutiger Kletterneuling hat mein Herz selbst am einfachen Santerpass-Steig ordentlich gepumpt, was vielleicht auch an der dichten Nebelschicht lag, die den Wegverlauf anfangs komplett verborgen hat.

Kurze Panikattacke beim Abstieg, danach weiter Richtung Kölner Hütte

Sehr viel mehr gefordert waren wir aber an einem anderen Streckenabschnitt. Die ca. 2 km von der Latemarscharte zum Latemargipfel sind überraschend anspruchsvoll und führen auf einem sehr schmalen, ungesicherten Pfad direkt entlang des Hanges den Berg hinauf, bei dem man sich am Fels entlangtasten muss. Absolut nicht zu empfehlen bei schlechten Wetterbedingungen oder mit großem Rucksack. Der schmale (Kletter-)Pfad entlang des Hanges hat uns ziemlich überrascht, da er an keiner Stelle als solcher beschrieben wurde. Tatsächlich sind wir kurz vor dem Gipfel wieder abgestiegen, da uns der Anstieg mit unseren Rucksäcken nicht geheuer war und uns zuvor schon mehrere Personen entgegen gekommen sind, die aus ähnlichen Gründen umgekehrt sind.

Kurz hinter der Latemarscharte

Mit weniger Gepäck und bei guten Wetterbedingungen ist dieser Abschnitt mit etwas Nervenkitzel sicherlich ebenfalls gut zu meistern. In unserem Fall: Better safe than sorry. Wir sind am nächstmöglichen Punkt wieder eingestiegen. Ab dort geht es in einem stetigen Auf- und Ab bis nach Salurn tendenziell bergab. Abgesehen von den genannten Stellen ist der Weg gut angelegt und trotz vieler Höhenmeter angenehm zu laufen.

Dauer

Im Internet kursieren verschiedenste Zeitangaben, in die der Weg zu beschreiten sei – von 12 über mindestens 10 Tage bis hin zu stolzen 18 Etappen. Let’s be real, individuelle Etappenplanung hängt stark von Wandererfahrung, körperlicher Fitness und persönlichen Vorlieben ab. Während die einen gerne kurz nach Mittag ihr Tagesziel erreicht haben, um dann entspannt die Beine hochlegen und die Bergluft genießen zu können, ist ein Wandertag für mich dann gelungen, wenn ich abends fix und fertig mit schweren Beinen in mein Zelt falle.

Wir sind den Weg im September in insgesamt acht Tage gelaufen. Da die Rückfahrt allerdings noch einige Tage entfernt war und wir nicht noch mehr Geld für eine Unterkunft in der Stadt ausgeben wollten, haben wir in den letzten Tagen ordentlich getrödelt und lange Pausen auf der Alm mit Kaltgetränkeschlürfen und Kartenspielen verbracht. Für ambitionierte Wander*innen ist der Weg aber bestimmt auch in 6-7 Tagen noch bequem zu bewältigen. Das Tolle am Dolomitenhöhenweg: Die Etappen lassen sich Dank eines großen Netzwerkes an Unterkünften ganz individuell gestalten.

Vor uns liegt die Krabes-Alm: Orte zum Ausspannen gibt es entlang des Weges genug.

Navigation

Uff, Navigation auf dem Höhenweg 8 ist eine Sache für sich. Leider ist der Höhenweg 8 vor Ort nicht durchgehend markiert. Tatsächlich waren die einzigen Beschilderungen, die einen Weitwanderweg ausgezeichnet haben, die der Alta Via 2, die sich die ersten Etappen mit dem Höhenweg 8 teilt. Der Weg muss also als eine Aneinanderreihung vieler kleiner Wegabschnitte verstanden werden, was das ein oder andere Mal zu ungewollten Umwegen geführt hat.

Der Rother Wanderführer zu den Dolomitenhöhenwegen 8-10 hat sich für uns als wenig hilfreich herausgestellt. Das Kartenmaterial ist dürftig, die Beschreibungen sehr oberflächlich und die Zeit- und Etappenangaben waren für unser Tempo häufig nicht zutreffend.

Meine Empfehlung für Navigation auf dem Trail ist die App Komoot. Die GPS-Daten sind kostenlos einsehbar und für kleines Geld kann man sich die praktischen Offline-Karten runterladen. Einziges Manko: Viele Hütten sind zwar als Gebäude eingezeichnet, aber nicht mit Namen versehen.

Wenn man nicht ständig auf sein Handy schauen mag, ist es am einfachsten, sich an den ausgeschilderten Hütten zu orientieren. Da diese leider nirgendwo vollständig verzeichnet waren, habe ich mit Hilfe von Komoot und Google Maps kurzerhand eine eigene Übersicht angelegt. Von Nord nach Süd passiert man folgende Wegpunkte:

kmWegpunktBemerkung
0Plose Seilbahnstation
2Plosehütte
Edelweißhütteoff-trail
15Schlüterhüttedavor langer Aufstieg
Gampen-Alm
20Glatsch-Almoff-trail
24Brogleshüttedirekter Abstieg nach St. Ulrich möglich
Panaschartewegen Erdrutsch gesperrt (09/2020)
27Troierhütte
30Regensburgerhütte
39St. Ulrichquirliger Ski-Ort, Supermarkt (Despar)
42Seiser Almper Seilbahn erreichbar
50Saltnerhüttekurz danach: Anstieg des Todes
54Schlernhausepische Lage
59Tierser Alpl-Hütte
Rifugio Passo Principe
64Vajolethüttesehr touristisch, aber: VEGANE KNÖDEL!
Gartlhüttedavor steiler Anstieg
66Santerpasshüttegeniale Lage
Santerpass-Klettersteig
68Kölnerhütte
72Rifugio Paolina
74KarerpassMinimarkt am Karersee
78LatemarscharteAb hier geht es steil und ohne Sicherung am Hang bergauf.
80Latemar-Biwak
84Rifugio Torre di Pisa
86Passo Feudo
93Lavazépassmehrere Einkehmöglichkeiten
94Malga Verena
Jochgrimm
98Gurdin-Alm
111Kaltenbrunn Minimarkt, Tankstelle
114Trudenkleiner Supermarkt (Despar)
119Krabes-Almtop Aussicht
124Horn-Alm
129GfrillGasthaus
135Rifugio Potzmauerverträumte Waldlage
143Lago SantoBadesee!
146Rifugio Sauch
152Salurn
Blick von der Latemarscharte

Verpflegung und Nachtlager

Falls man nach einem der langen Aufstiege Heißhunger auf Knödel oder Apfelstrudel verspürt, ist es in der Regel nicht weit bis zu einer der zahlreichen Almhütten. Neben den Almen gibt es Refugios, die neben Bewirtung auch Übernachtungsmöglichkeiten anbieten. Für ein Bett mit Frühstück muss man zwischen 30-50 Euro blechen, je nach Zimmer gegebenfalls mehr. Wenn man es sich leisten kann ist das sicher die angenehmste Art den Höhenweg 8 zu laufen, mit Verpflegung allerdings nicht gerade budgetfreundlich.

Blick auf die Schlüterhütte

Low-budget, baby!

Auch wir haben uns ein, zwei, drei gelegentliche Aperol-Spritz mit Bergpanorama gegönnt und bei der veganen Menüauswahl im Vajolet-Tal konnte ich einfach nicht widerstehe. Ansonsten bin ich aber gerne low-budget unterwegs. Snacks und Abendessen für 2-3 Tage habe ich jeweils in St. Ulrich, am Karersee und in Truden gekauft. Mit Ausnahme von jeweils einer Nacht im Schlernhaus und in der Kölner Hütte und einer Nacht im Bed & Breakfast in San Lugano bei Truden haben wir die Nächte im Zelt verbracht. Trotz Wind und Wetter. Denn was gibt’s besseres als beim nächtlichen Klogang die Milchstraße zu bestaunen?

Camping auf Einladung des Almwirts

Wildcamping ist zwar in den Naturparks grundsätzlich verboten und die Regeln zum Biwakieren uneindeutig, uns hat aber nach lieben Nachfragen niemand eine Nacht auf seiner Almwiese ausgeschlagen. Die goldene Regel lautet hier wie überall in der Natur: Leave No Trace.